1935/05/21 - Heidelberg Mitglieder des Corps Saxo-Borussia besuchen eines ihrer Stammlokale, den „Seppl“, während im Radio die Friedens-, respektive Kaninchen-Rede Adolf Hitlers übertragen wird, bestellen sie mit Hollandaise überzogenen Spargel samt Schnitzel an Salzkartoffeln, geben Hitlerwitze zum Besten und begleiten, auf leeren Sektflaschen blasend, kakophon vorgetragene Spottgesänge auf die nationalsozialistische Regierung.
Seit dieser besteht zwischen den Studentenverbindungen, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und ihrem studentischen Ableger, dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB), eine graduelle Konkurrenz. Die elitäre Verfassung der Verbindungen und die dem Ideal der Volksgemeinschaft entgegenstehende gegenseitige Ehre der Mitglieder widerspricht der revolutionären Haltung der Nationalsozialisten.
Da die Verbindungsstudenten gleichwohl die nationalsozialistischen Ideale auf völkischem, rassischem und nationalem Gebiet teilen, führt dies zu differenten Strategien: Während sich manche Verbindungen dem Alleinvertretungsanspruch des NSDStB unterwerfen und auf das traditionelle Verbindungswesen verzichten, suchen andere die offene Konfrontation mit den neuen Machthabern.
Durch die in den folgenden Tagen in der nationalsozialistischen Presse gedruckte Empörung ermuntert, werden weitere Flashmobs organisiert.
So unterhalten sich Angehörige der Saxo-Borussia bei einem weiteren Spargelessen im "Hirschgasse", dem Mensurlokal der Heidelberger Verbindungen, lautstark darüber, ob „der Führer Spargel mit Messer, Gabel oder Pfoten“ beziehungsweise, ganz allgemein commentgemäss verzehre; letztlich einigen sich die Korporierten darauf, dass Hitler „ein so grosses Maul,“ habe „dass er den Spargel quer essen könne“.
„Verlogene Altheidelberg-Romantik und arbeiterfeindliches Feudalwesen sind die Ideale dieser sogenannten Korporationen. Sie stehen außerhalb der Volksgemeinschaft und sind Feinde der sozialistischen Nation.
Die Hitlerjugend kann es mit ihrer Ehre als weltanschauliche Erziehungsgemeinschaft der schaffenden deutschen Jugend nicht vereinbaren, weiterhin solche Einrichtungen anzuerkennen, die sich immer wieder als unseres deutschen Volkes und Führers unwürdig erweisen. Besonders die Vorfälle, die sich in den letzten Tagen in Heidelberg ereigneten und zur Suspendierung des Korps Saxo-Borussia führten, geben ein furchtbares Bild der Verrohung und Zuchtlosigkeit, ja abgrundtiefen Gemeinheit einer kleine Clique von Korporationsstudenten, die lärmt und säuft, während Deutschland arbeitet. Wenn solche Elemente in ihrer Verkommenheit nicht einmal vor der uns heiligen Person des Führers Halt machen, richten sie sich selbst. Wir aber ziehen darüber hinaus den Trennungsstrich zwischen ihnen und uns, den Trennnungsstrich zwischen Reaktion und Sozialismus.“
- Baldur von Schirach