www.blogpingsite.com

20120522

Phantomopernschmerzen


1872/05/22 - Bayreuth  Richard Wagner dirigiert sich zum 59. Geburtstag Beethovens 9. Symphonie, zuvor hatte er mit unter anderem den Worten: „Dies aber ist das Wesen des deutschen Geistes, dass er von Innen baut: der ewige Gott lebt in ihm wahrhaftig, ehe er sich auch den Tempel seiner Ehre baut. Und dieser Tempel wird dann gerade so den inneren Geist auch nach aussen kundgeben, wie er in seiner reichsten Eigentümlichkeit sich selbst angehört. So will ich diesen Stein als den Zauberstein bezeichnen, dessen Kraft die verschlossenen Geheimnisse jenes Geistes Ihnen lösen soll. Er trage jetzt nur die sinnvolle Zurüstung, deren Hilfe wir zu jener Täuschung bedürfen, durch welche Sie in den wahrhaftigsten Spiegel des Lebens blicken sollen.“ den Grundstein seines Festspielhauses gelegt.

Da die angedachte Finanzierung der aufzuführenden Wagneropern durch den Verkauf von einigen Anteilsscheinen bei den anvisierten Zielgruppe, nämlich die der wohlhabenden Musikliebhaber, auf wenig Interesse trifft, kann lange kein Bühnenweihefest stattfinden. Wagners Walhall steht Jahre ungenutzt herum, bis König Ludwig in keinem seiner wenigen lichten Momente eine kleine, allerdings rückzahlbare Subvention unternimmt.

Als mit der Oper Rheingold endlich die Eröffnungsvorstellung der Bayreuther Festspiele stattfindet, ist Wagner deprimiert: „Die ungeheure Mühe einer möglichst stilvollen Aufführung meines Nibelungenwerkes hat mich, da sie doch endlich auch nur zur Geburt eines gewöhnlichen Theaterkindes führte, sehr erschöpft; nichts habe ich damit aufgebaut, nichts als ein leerstehendes Gehäuse.“