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20110719

28 Days And Always Enjoy / Day 19


"Biography lends to death a new terror." - Oscar Wilde

Du wurdest wieder in dein altes Zimmer verlegt. Vicki hat verschlafen, deine Mutter einen Zug später genommen, die Kinder und ich warten, sind nervös, gehen auf den Spielplatz am Wasser. Wir haben die riesigen Kreidestifte dabei, die R. Lasse gestern zum Geburtstag geschenkt hat. Charlie mit den Farben ist heute der Held, sie sammelt sich eine Gang zusammen, alle Kinder folgen. Immer wenn ein Vater sein Kind auf den Arm nimmt, wird mir sehr schlecht. Die Sonne scheint, ich will nicht weinen, also mal ich mit den Kindern Bäume, Wände, Steine an. Wir basteln ein Katapult, graben ein tiefes Loch, bauen eine Burg. Ein Vater sagt zu mir: „ Ich bewundere Ihre Hingabe und tiefe Gelassenheit.“. Ich antworte: „Sie irren sich. Mein Mann liegt auf der Intensivstation, Bäume anmalen ist das Einzige, was ich gerade so schaffe. Das ist keine Hingabe, das ist Hilflosigkeit.“ Der Vater holt sich noch eine Orangina.




Dann kommt endlich Vicki, passt auf die Kinder auf, ich geh zu dir ins Krankenhaus. Klingel, „Bitte warten Sie am Cola-Automaten.“ Abgesehen davon, dass man sowieso immer dort warten muss und es ausserdem in jenem Automaten auch Fanta und Apfelschorle gibt, ist dieser Hinweis immer ein sicheres Zeichen für eine schlechte Nachricht. Und dann hör ich dich schreien: „Hilfe. Hilfe. Hilfe. Hilfe.“. Ich kann nicht mehr warten, geh zu dir. Du bist schwer sediert, fixiert, aggressiv. Ich streich Dir vorsichtig über den Kopf, Du schnauzt: „ Nicht machen, du verwischt alle Pixel, ganze Arbeit umsonst!“ Du versuchst mit mir zu reden, ich blättere deine Akte durch, sie haben die Medikamente weiter runter gesetzt, aber es geht dir eindeutig schlechter als sonst. Deine Mutter kommt, du bist durcheinander, rezitierst absolut korrekt lange Passagen aus Büchern, die wir beide kennen. Als ich sage, dass ich zurück zu den Kindern muss, bekommst du einen fürchterlichen Anfall. Du willst Dir wieder den Katheder rausreissen, suchst verzweifelt in der Nische deines Bettes einen Barock-Spiegel, als ich dir zum Abschied einen Kuss geben will, brüllst Du: “ Man fasst nicht an, was man nicht begreift.“ Ich löse Vicki ab, bring die Kinder ins Bett, laut Berichterstattung bleibst du unruhig, erzählst Vicki aber zufrieden, Du hättest mir etwas vorgelesen. Hast du auch, denn es stimmte wirklich jedes Wort. Es geht dir physisch gut, aber dein Geist leidet sehr. Morgen haben wir alles straffer organisiert, wir wollen um jeden Preis erreichen, dass man die Sedativa absetzt, damit du wieder klar denken kannst. Die Ärzte sind kritisch, aber ich behaupte, dass du mit Schmerzen besser umgehen kannst, als mit fremdverschuldeter Dusseligkeit.