Edvard Munch - Harry Graf Kessler (1905) |
1919/01/05 - Berlin Harry Graf Kessler erlebt den ersten Tag des "Spartakus" genannten Aufstands mit dessen Scheitern auch das Scheitern der deutschen Novemberrevolution besiegelt ist.
Nachmittags um fünf fährt er zum Alexanderplatz, „ ... zu sehen wie die Sache steht. Um diese Zeit jedenfalls ist Spartakus im Besitz des Polizeipräsidiums vor dem sich eine dichte Menschenmenge und die Strassenbahnen stauen. Vom Balkon redet Liebknecht.“ Graf Kessler hört ihn zum ersten Male; „Er redet wie ein Pastor, mit salbungsvollem Pathos, langsam und gefühlvoll die Worte singend.“ Man sieht ihn nicht, weil er aus einem verdunkelten Zimmer spricht, Harry versteht nur einzelne Worte, „aber der Singsang seiner Stimme tönt über die lautlos lauschende Menge bis weit hinten in den Platz. Am Schluss brüllt alles im Chore „Hoch“, rote Fahnen bewegen sich, Tausende von Händen und Hüten fliegen auf.“ Graf Kessler bemüht in seinen Aufzeichnungen noch den schwachsinnigen Vergleich mit der „Überflutung durch Mohammed im siebenten Jahrhundert “ und resümiert: „Die Fahne des Propheten weht auch vor Lenins Heeren.“