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| chamischa chumsche tora |
Der strenge Herr Provisor
Eine Dame gibt in der Apotheke an der Alexanderhofstrasse ein Rezept ab. Der diensthabende Provisor bestellt sie für 2 Uhr Nachmittag. Um etwa 1/2 2 Uhr kommt die gleiche Dame an der Apotheke vorüber, nachdem sie ihre Heimarbeit im Ressort abgeliefert hatte und mit leeren Händen nach Hause ging. Da sie schon unterwegs ist, tritt sie in der Apotheke ein, in der Hoffnung, dass das Medikament inzwischen fertiggestellt sein könnte und in der Absicht, eventuell das 1/2 Stündchen zu warten.
Der Herr Provisor empfing sie grob: „Jetzt ist nicht 2 Uhr, zur Strafe kommen Sie um 3 Uhr.“ Die Frau muss also, gezüchtigt wie ein Hund, wieder nach Hause kriechen, denn gehen kann man das wohl nicht mehr nennen. Der strenge Herr Provisor wollte wohl seinerzeit Gefängnis-Profoss werden, dazu reichte aber wohl seine Intelligenz nicht mehr, weshalb er, wie immer in solchen Fällen, Pharmazeut wurde.
Innerhalb der jüdischen Verwaltung des Gettos Łodź/Litzmannstadt wurde im November 1940 ein Archiv gebildet, zu dessen Aufgaben die Sammlung von Dokumenten und Materialien für eine künftige Darstellung der Geschichte des Gettos gehörte. In diesem Archiv schrieben vom 12. Januar 1941 bis zum 31. Juli 1944 mehrere Mitarbeiter, vorwiegend Journalisten und Schriftsteller, die Getto-Chronik, zunächst auf Polnisch, später dann auf Deutsch.
Jeden Tag fertigten sie einen Tageseintrag an, in dem sie tagesaktuell über wichtige Ereignisse im Getto berichteten. Sie produzierten gewissermaßen eine Tageszeitung, allerdings eine Zeitung, die keine Leser hatte, da sie ausschließlich für das Archiv geschrieben wurde und einer späteren Generation für das Verständnis des Lebens und Sterbens im Getto dienen sollte.
