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20130217

Armory Show


     Nu descendant un escalier no. 2

1913/02/17 - NYC Im ehemaligen Zeughaus der Fighting Irish, des 69. New Yorker Regiments der Nationalgarde, Lexington Avenue / 25th Street, beginnt die International Exhibition of Modern Art. Eine „elegant gekleidete Menge schwirrte vor Aufregung, die Regimentskapelle intonierte Highlights ihres Repertoires und nach John Quinn´s, lobenswert kurzer, Rede ist die Ausstellung offiziell eröffnet“. Es werden Bildern und Skulpturen der Moderne, 1.250 Werke, von 300 Künstlern der europäischen Avantgarde – 399 Gemälde und 21 Skulpturen davon aus Europa – sowie der amerikanischen zeitgenössischen Kunst präsentiert.

Als einziger Künstler der europäischen Avantgarde ist Francis Picabia, mit seiner Frau Gabrielle, anwesend. 

Er wird seinen Kollegen z. B. den Brüdern Duchamp, Marcel Duchamp ist u. A. mit dem Gemälde Nu descendant un escalier no. 2 bei der Armory Show genannten International Exhibition of Modern Art vertreten, nach seiner Heimkehr, von der Reaktion des amerikanischen Publikums berichten.
Marcel Duchamp hatte Nu descendant un escalier no. 2 1912 gemalt. Bereits bei der ersten Präsentation, Nu descendant un escalier no. 2 war zum Pariser Salon des Indépendants eingereicht, stiess Nu descendant un escalier no. 2 auf Ablehnung. 
Die Künstler der kubistischen Puteaux-Gruppe, allen voran Albert Gleizes und Jean Metzinger, fassten Nu descendant un escalier no. 2 als Verspottung ihres Stils auf, werteten bereits den Titel als Affront und kamen „zu dem Schluss, dass Nu descendant un escalier no. 2 dem Anliegen des vernünftigen Kubismus abträglich sein würde.“ 
Marcel Duchamp wurde, am Tag der Eröffnung im Salon des Indépendants, von seinen Brüdern Jacques und Raymond, die Trauerkleidung angelegt hatten, in dessen Atelier in Neuilly, unterrichtet, dass die Jury Nu descendant un escalier no. 2 „ein wenig daneben“ fand, Nu descendant un escalier no. 2 also abgelehnt und gefragt hatte, ob er „nicht wenigstens den Titel von Nu descendant un escalier no. 2 ändern könne“. Marcel Duchamp reagierte relativ gelassen, er stieg in ein Taxi, fuhr zur Ausstellung, und holte Nu descendant un escalier no. 2 wieder ab. 

    Marcel Duchamp, American (born France), 1887 - 1968; Nu descendant un escalier no. 2;  
    Oil on canvas 
(147 x 89.2 cm); Philadelphia Mueum of Art; currently not on view

Einen Monat später stellte er Nu descendant un escalier no. 2 bei einer Kubistenausstellung in Barcelona aus, wo Nu descendant un escalier no. 2 kaum Aufmerksamkeit erregte, und im Herbst des Jahres zeigte er Nu descendant un escalier no. 2 noch einmal auf einer Schau der Section d’Or im Pariser Herbstsalon, wo Nu descendant un escalier no. 2 ebenfalls wenig Beachtung fand.

Bei der Armory Show, provoziert  Nu descendant un escalier no. 2  einen öffentlichen Skandal, Nu descendant un escalier no. 2  wird von Kunstkritikern und dem New Yorker Publikum nahezu einhellig abgelehnt. 
Während die Ausstellungsbesucher vor Nu descendant un escalier no. 2  Schlange stehen und rätseln, was dort abgebildet sein könnte, überbieten sich die Zeitungen mit abwertenden Superlativen. Julian Street, Essayist und Kunstkritiker der New York Times, 
„Explosion in der Ziegelfabrik“, 
sein Kollege Peyton Boswell vom New York Herald variiert, 
„Zyklon in einer Schindelfabrik“; 
in einem Cartoon des Evening-Sun-Karikaturisten J. F. Griswold, „der New York mit den Augen eines Kubisten sah“, wird Nu descendant un escalier no. 2  als 
„The Rude Descending the Staircase“ 
zum Tumult in der U-Bahn; ein Preisrätsel zur Entschlüsselung von Nu descendant un escalier no. 2 wurde ausgeschrieben, man verfasst spöttische Gedichte und der die Ausstellung besuchende US-Präsident Theodore Roosevelt,  verglich Nu descendant un escalier no. 2 schliesslich „mit dem Navajo-Teppich in seinem Badezimmer“, wobei er dem Teppich den Vorzug gab. 
Selbst die anwesende Avantgarde, überwiegend aus Kubisten und Futuristen bestehend, fühlt sich durch diesen „Akt verzerrter Formen“ brüskiert. 

Ob der Polemik geriet Nu descendant un escalier no. 2 zwar binnen kurzem zu einem der bekanntesten Gemälde der Neuzeit, verkauft wurde Nu descendant un escalier no. 2 aber nur für $ 324 woraufhin Duchamp „einen Überdruss an retinaler Kunst “verspürt und mit der  Produktion von Objektkunst beginnt.

1916 in New York fertigt Duchamp mit Nu descendant un escalier no. 3 noch eine Version, eine übermalte Fotografie und1918 malt Duchamp schliesslich sein letztes Gemälde auf Leinwand er nennt es, Tu m’, Tu m’embêtes oder auch Tu m’emmerdes.


« Cette version définitive du Nu descendant un escalier, peinte en janvier 1912, fut la convergence dans mon esprit de divers intérêts, dont le cinéma, encore en enfance, et la séparation des positions statiques dans les chronophotographies de Marey en France, d’Eakins et Muybridge en Amérique. Peint, comme il l’est, en sévères couleurs bois, le nu anatomique n’existe pas, ou du moins, ne peut pas être vu, car je renonçai complètement à l’apparence naturaliste d’un nu, ne conservant que ces quelques vingt différentes positions statiques dans l’acte successif de la descente. » 

– Marcel Duchamp, 1957, in „Der kreative Akt“.