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20130423

Married… with Movies


Im Namen des Volkes

1949/04/23 - Hamburg Der Prozess gegen den Regisseur Veit Harlan endet mit einem Freispruch.
Harlans, 1937 gedrehter, Film, Der Herrscher, hatte dem Reichsminister für Propaganda und Volksaufklärung sehr gefallen . Der Herrscher wird mit dem Nationalen Filmpreis ausgezeichnet und Harlan zu einem der führenden Regisseure des Dritten Reichs.
Für die Regie des Jud Süß war ursprünglich der Produktionschef der Terra-Film, Peter Paul Brauer, vorgesehen. Harlan liegt an dem Stoff, er kämpft darum Jud Süss inszenieren zu dürfen und interveniert erfolgreich. „Mit Harlan und Müller den Jud-Süßfilm besprochen. Harlan, der die Regie führen soll, hat da eine Menge neuer Ideen. Er überarbeitet das Drehbuch nochmal.“, notiert der Reichsminister in seinem Tagebuch.

Nach Kriegsende wurde Harlan in einem auf eigenen Antrag vorgezogenen Entnazifizierungsverfahren als „Entlasteter“ eingestuft. Auf Antrag der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, (VVN) kam es im März 1949 zu dem Schwurgerichtsverfahren, in dem Harlan nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 der „Beihilfe zur Verfolgung“ angeklagt ist. Jud-Süß, der „die massenpsychologischen Voraussetzungen für die Vergasungen von Auschwitz schuf“ (Carlo Schmid in einer Rede vor dem Bundestag), war Hauptanklagepunkt.
Da ihm „eine persönlich zurechenbare Schuld nicht nachzuweisen und eine strafrechtlich relevante Kausalität zwischen Film und Judenvernichtung nicht beweisbar sei“, wird er freigesprochen und von Fans im Triumph aus dem Gerichtssaal getragen.

Die Staatsanwaltschaft geht in Revision. Der Oberste Gerichtshof für die britische Zone hebt, da Jud Süß ein nicht unwesentliches Werkzeug“ gewesen sei, das Urteil auf. 
In dem, vor dem Landgericht Hamburg, folgenden Prozess, beruft sich Harlan darauf, dass die Nationalsozialisten seine Kunst missbraucht, ihn zur Regie von Jud Süß gezwungen hätten und dass eine Weigerung eine für ihn bedrohliche Lage provoziert hätte. Das Gericht folgt dieser Argumentation und spricht Harlan am 29. April 1950 erneut frei.

Riksvattenliket

Kristina Söderbaum, aus Schweden stammende Schauspielerin, wird, nach einem wenig beachteten Debut, 1937 von Veit Harlan entdeckt, in dessen Film Jugend übernimmt sie 1938 die Hauptrolle und heiratet den Regisseur 1939.


Dem Idealbild einer arischen Frau entsprechend, ist sie beim Publikum wie bei der nationalsozialistischen Führung sehr beliebt und steigt schnell zu einem der „leuchtendsten Sterne der deutschen Filmkunst“ auf. 


Da sie in Jud Süß und Die goldene Stadt verzweifelte junge Frauen, die sich letztlich ertränken, verkörperte, wird die Söderbaum fortan liebevoll spöttisch mit „Reichswasserleiche“ attributiert. 


Zwischen 1945 und 1950 schlägt sie, aus Solidarität mit Harlan, der wegen seiner Propagandafilme angeklagt und mit Berufsverbot belegt ist, alle Filmangebote aus, spielt aber in Theaterstücken, die Harlan anonym inszeniert.


Ihr Mann wird 1950 endgültig freigesprochen, darf wieder offiziell inszenieren und Söderbaum spielt in seinen folgenden Filmen zahlreiche Hauptrollen. Nach Harlans Tod, im April 1964, übernimmt die „Reichswasserleiche“ 1974 eine Rolle in Hans-Jürgen Syberbergs Film, Karl May, taucht in drei wenig bekannten Filmen sowie in Der Bergdoktor auf und stirbt 2001 in einem norddeutschen Pflegeheim.