1968/11/07 - Berlin Auf dem Parteikonvent der CDU schlägt, „Nazi ... Nazi“ rufend, die 2012 als Kandidatin der Partei Die Linke bei der Wahl des Bundespräsidenten gescheiterte Beate Klarsfeld Kurt Georg Kiesinger, der das Pech hatte, nicht nur, „nicht aus Überzeugung, nicht aus Opportunismus“ 1933 in die NSDAP eingetreten zu sein, sondern, auch jetzt, als christlich-demokratischer Bundeskanzler, immer noch, irgendwie nazi auszusehen, auf das linke Auge.
Der Parteisprecher Dr. med. Arthur Rathke untersucht das Kanzlerauge, die frühere Gesundheitsministerin Elisabeth Schwarzhaupt und die Witwe des ehemaligen Bundestagspräsidenten Hermann Ehlers bieten Kiesinger ihre Sonnenbrillen an.
Beate Klarsfeld wird in einem Nebenraum vernommen. Ernst Lemmer, 70, der Berlin-Beauftragte des Kanzlers: „Wollen Sie nicht mit mir sprechen? Ich könnte doch Ihr Grossvater sein.“ Beate Klarsfeld: „Das will ich gerne; aber ich bleibe bei meiner Auffassung, daß an der Spitze des Staates kein ehemaliger organisierter Parteigenosse stehen darf. Ich werde ihn verfolgen, wo immer ich ihn verfolgen kann.“ Lemmers Resümee: „Das ist eine unbefriedigte junge Frau. Dabei sähe sie sogar ganz hübsch aus, wenn sie nicht so blass wäre.“
Eine gegen Klarsfeld verhängte Gefängnisstrafe wird 1969 zu vier Monaten auf Bewährung umgewandelt, als Anwalt fungierte Horst Mahler.